Wenn es nach der Sonnenuhr ginge, wäre jeden Tag um 12 Uhr Mittag – dann erreicht die Sonne im Süden ihren Höchststand. Wer aber eine Digitaluhr zur Hand nimmt und in diesem Moment auf die Anzeige schaut, der liest dort ganz andere Werte ab. Wie kann das sein?
Deutschland, Österreich und der Schweiz liegen in einer Zeitzone, die sich Mitteleuropäische Zeit (MEZ) nennt und auf den 15. östlichen Längengrad bezieht. Egal ob Köln, Graz oder Bern: Überall spiegelt die Funkuhr dort die Sonnenzeit wieder, die eigentlich nur entlang dieser Linie gilt. Je nachdem, um wie viel Grad westlich oder östlich nun ein Ort von dieser Linie liegt, verschiebt sich auch der Mittag: um 15 Grad jede Stunde. In Hamburg (10° Ost) etwa ergibt sich ein Unterschied von 20 Minuten. Wechseln wir zusätzlich von der Winter- in die Sommerzeit, kommt noch ein zusätzlicher Versatz von einer Stunde oben drauf.
Wenn wir es genau nehmen, müssen wir noch eine zusätzliche Verschiebung berücksichtigen: Weil sich die Erde nicht auf einer perfekten Kreisbahn um die Erde dreht, wandert auch die Sonne nicht gleichmäßig schnell über den Himmel. Ein weiterer Einfluss kommt von der Neigung der Erdachse im Raum. Diese beiden Ursachen führen zu einem Effekt, der unter dem Namen „Zeitgleichung“ erfasst wird: Die tatsächliche „wahre Sonnenzeit“ weicht von einer stets gleichmäßig verlaufenden „mittleren Sonnenzeit“ ab. Die Abweichung beträgt je nach Jahreszeit etwa eine Viertelstunde.
Am Morgen des 15. April 2024 war diese Zeitgleichung exakt null: Der Mittag in Hamburg war an diesem Tag um 13:20 Uhr. Seitdem nimmt die Zeitgleichung wieder positive Werte an. Schon am 14. Mai sind es knapp 4 min Differenz, die Sonne erreicht dann gegen 13:16 Uhr ihren Höchststand. Die größte Abweichung von der mittleren Sonnenzeit wird übrigens Anfang November erreicht: Dann beträgt die Zeitgleichung etwa 16,5 min. Der Extremwert in der Gegenrichtung liegt bei gut 14 min und wird am 12. Februar erreicht.
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